Seite wählen

Bereits beim Betreten des Ladens

kann es durchaus passieren, dass man

als Selbstverleger sofort erkannt wird und

im Blick des Buchhändlers lesen kann:

»Selbstverleger – alles scheiße.«

Man wird beäugt, man wird belächelt.

Der Buchhändler nimmt mein Buch in die Hand,

wenn überhaupt, und fragt:

»Hat das ›Ding‹ denn überhaupt eine ISBN?«

Man wird beäugt, man wird belächelt.

Der Buchhändler lässt mich ausreden,

wenn überhaupt, und sagt:

»Ach, Sie sind Selbstverleger, na das wird sowieso nichts.«

Selbstverleger – Alles Scheiße

Auf einer Messe saßen im kleinen Kreis

Buchhändler, Kritiker und sogar Selbstverleger,

die erfolgreichen, die unter 5-Euro-E-Book-Selfpublisher,

deren Existenz diesem Buchhändler völlig egal war.

Selbstverleger – Alles Scheiße

»Auf Selfpublishing spezialisierte Dienstleiter veröffentlichen auch alles.

Aber bei mir braucht keiner in den Laden kommen.

Von Selbstverlegern halte ich nichts. Denn wer soll den Kram schon kaufen?«

Dann wurde es lustig.

»Mein Laden ist so klein. Ich meine, ich habe meinen Laden in einem kleinen Dorf.

Dort gibt es eine kleine Imbissbude, einen Tante-Emma-Laden, einen Zigarettenautomat

und dann meine zwanzig Quadratmeter. Dort kommt kaum ein Mensch hin.

Was soll ich da mit einem Buch eines Selbstverlegers?«

Ein Denunziat, der sich selbst denunziert.

Das erinnert mich an ein Buchgeschäft,

das ich mal zu betreten gewagt hatte.

Dort kam ich wieder nicht dazu,

meinen mir zurechtgelegten Text aufzusagen,

sondern wurde gleich freundlich, aber bestimmt auf folgendes hingewiesen:

»Schauen Sie mal, wie viele Jugendbücher ich hier

im Regal zu stehen habe. Ich habe ja schon Probleme diese zu verkaufen.

Was soll ich denn jetzt noch mit einem Buch eines Selbstverlegers?

Dafür habe ich keinen Platz mehr.«

Doch dann gab ich mal Konter und fragte:

»Wenn Sie solche Probleme haben, die Bücher zu verkaufen, warum

haben Sie die überhaupt eingekauft? Und woher wollen Sie denn wissen,

dass sich mein Buch nicht verkaufen lässt? Weil ein Buch eines Selbstverlegers

nur scheiße sein kann?«

Der Buchhändler sagte darauf nichts, aber sein Blick

veranlasste mich, die Beine in die Hand zu nehmen.

denunzieren

unterstellen

verbreiten

diskreditieren

schlechtmachen

niedermachen

herziehen

diffamieren

miesmachen

Das sind ein paar Verben, die mir einfallen, wenn ich versuche, meine Bücher zu verkaufen.

Verbal ist das noch zu ertragen,

aber steht dann im Internet eine Rezension, ein Statement,

so nach dem Motto: Selbstverleger – alles scheiße,

dann hat sich der Anstand anscheinend verpisst.

Kritik ist wichtig, ist notwendig und brauche ich.

Und ich nehme es mir nicht zu Herzen,

wenn mein Buch nicht den Geschmack des Rezensenten getroffen hat.

Auf meiner Website werden auch die »kritischen« gezeigt.

Aber was, wenn der Rezensent sich nur ausmistet?

Wenn der Inhalt nur in drei Sätzen und zudem falsch wiedergegeben wird?

Weil zu schnell gelesen? Weil nur überflogen?

Kommt schon Leute: für meine Jugendbücher muss man nicht Psychologie studiert haben.

Oder doch?

Nach der persönlichen Meinung kommt dann der Supergau,

so nach dem Motto: Typisch Selbstverleger – kein professionelles Lektorat – darum scheiße.

Als ob ein »professionelles Lektorat« sicher stellt, dass der Geschmack

des Rezensenten dann getroffen wird.

Als ob ein »professionelles Lektorat« sicher stellt, dass dem Rezensenten einen für

ihn angenehmeren Lesefluss gewährleistet wird.

Wie viele »professionell lektorierte« Bücher gibt es, die einem nicht gefallen?

Meine Bücher werden sehr wohl revidiert,

ein Korrektorat mit zum Teil stilistischer Bearbeitung wird stets durchgeführt,

demnach werden meine Bücher durchaus lektoriert.

Was dem Rezensenten auch bekannt war,

darum frage ich mich, was denn hier die Intention war?

Selbstverleger – alles scheiße?

Oder nur das Bedürfnis, sich zu echauffieren, sich darzustellen,

um wie viel besser man es angeblich weiß?

Oder tatsächlich mich zu denunzieren?

Weil der Rezensent weiß, dass Interessierte, darunter auch Buchhändler,

seine Rezension lesen und dann entscheiden, ob sie mein Buch

kaufen oder nicht kaufen?

Oder weiß der Rezensent denn wirklich nicht,

was seine Rezension mit sich bringt?

Kritik ist wichtig, aber die Wortwahl ist entscheidend,

da man auch immer zwischen den Zeilen liest.

Unverkäufliches Gedicht von Doreen Gehrke. Die Verwendung dieses Gedichts, ob nun auszugsweise oder in vollem Umfang, ist ohne schriftlicher Zustimmung von Doreen Gehrke urheberrechtswidrig. Auch eine Übersetzung des Gedichts sowie die Verwendung in elektronischen Systemen ist strafbar.